Kirchengemeinde Roggendorf feierte Jubiläum mit buntem Gemeindefest

Superintendent lobt Offenheit – "Sehr lebendig für 150 Jahre"

Sphärische Klänge und leichter Rauch durchströmen die Evangelische Kirche in Roggendorf. Passend zur Musik wirbeln Lichtstrahlen ins Dunkel. Für eine halbe Stunde wird die Kirche zu einem besonderen Ort des Träumens. Mystisch, magisch und modern zieht die Lasershow „Silent“ im altehrwürdigen Gemäuer die Gäste in den Bann. Das große Kreuz am Alter bleibt im Mittelpunkt. „150 Jahre Kirche Roggendorf – wir nehmen das Jubiläum zum Anlass als Gemeinde und mit zahlreichen Gästen zu feiern!“, begrüßte der Roggendorfer Pfarrer Dr. Michael Stöhr. Ein abwechslungsreiches Programm hatte man für Jung und Alt zusammengestellt – von besinnlichen bis bewegenden Momenten.

Von einer "Komm- zur Geh-Struktur" gewandelt

Den Auftakt bildete ein Festgottesdienst. Viele Gläubige und „Kollegen“ aus dem Kirchenkreis Aachen waren der Einladung gefolgt, wie etwa Pfarrer Oliver Joswig (Evangelische Trinitatis-Kirchengemeinde Schleidener Tal), Pfarrer Jens-Peter Bentzin (Monschauer Land), Pfarrer Christoph Cäsar (Blankenheim) und das Presbyterium der Gemeinde. Superintendent Hans-Peter Bruckhoff aus Aachen predigte zum Motiv des Sämanns, der gleichzeitig Siegel und Symbol der traditionsreichen Mechernicher Protestantengemeinde ist. „Liebe Gemeinde, jung sehen Sie aus. Lebendig - für 150 Jahre“, stellte Bruckhoff fest und fragte: „Was ist Kirche? Was macht überhaupt eine Gemeinde aus?“ Eine große Aufgabe sei es, das Evangelium zu verkünden, ist er überzeugt: „Ich denke, dass in dieser Saat alles drin ist.“ Die Roggendorfer Gemeinde habe sich erfolgreich von einer Komm- zur Geh-Struktur gewandelt, lobte der Superintendent: „Sie sind unterwegs zu den Menschen.“

Aktive Gemeinschaft und Kommunikation auf vielen Kanälen

1866 wurde der Grundstein für die Kirche gelegt. Sie ist bis heute ein ganz besonderes Kleinod. Von mächtigen Linden umgeben, bildet das Gotteshaus zusammen mit dem alten Pastorat, der ehemaligen Schule und dem Friedhof eine weithin sichtbare grüne Oase. Das denkmalgeschützte Objekt erweist sich als kleines Juwel. Und mehr noch: sie ist ein verlässlicher Anker für die Gläubigen im Laufe der Zeit. „Das alte Gemäuer symbolisiert feste und unwandelbare Werte“, so Pfarrer Dr. Michael Stöhr. Trotzdem seien es nicht immer einfache Zeiten gewesen. „In einem Zeitraum von 150 Jahren werden auch Veränderungen sichtbar“, so der Theologe. Die Kirche heute verzeichne weniger Gottesdienstbesucher, weniger Amtshandlungen wie Taufe und Konfirmation und die Erosion traditioneller christlicher Werte – wie das Gebet, die Stille, der gemeinsame Gesang. Doch dieser Veränderung wohnten Chancen inne, wenn man deren Reichtum erkenne, so Stöhr. In der Roggendorfer Gemeinde gebe es etwa eine aktive Gemeinschaft und Kommunikation auf vielen Kanälen wie auch viele Aktivitäten und Projekte. Im Dietrich-Bonhoeffer-Haus, das 1986 in Mechernich gebaut wurde, kommen die Menschen in Gruppen und Kreisen zusammen.

Überdurchschnittlicher Einsatz für Flüchtlinge

"Die evangelische Kirche in Roggendorf ist von ihren Anfängen bis heute ein sehr lebendiges Gebäude geblieben“, würdigt Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Das Engagement der Mitglieder sei überdurchschnittlich. Er erwähnte beispielhaft "den bis auf den heutigen Tag großen Einsatz" evangelischer Christen aus Mechernich bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. In den zurückliegenden Jahrzehnten habe sich das Gesicht der evangelischen Kirchengemeinde Roggendorf verändert, so der Bürgermeister. In den Anfängen waren es die mit dem Bergbau zugezogenen evangelischen Christen gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es vor allem Heimatvertriebene aus den überwiegend evangelischen ehemaligen deutschen Ostgebiete, die in der Gemeinde für Zuwachs sorgten. Später kamen Soldatenfamilien der Garnisonstadt Mechernich und danach vor allem Spätaussiedler. „Sie alle bereicherten nicht nur die evangelische Gemeinde, sondern unsere gesamte Stadt", so Schick. Musikalisch untermalt wurde die Liturgie vom Bläserensemble Schleidener Tal/Zülpich. Auch Pfarrerin Susanne Salentin griff zur Gitarre, um ein Lied mit der Gemeinde anzustimmen. Als ein wahres Kleinod für alle Musikliebhaber erklang die historische Ibach-Orgel mit ihren 17 Registern.

Gemeindefest mit Konzert und Kabarett begeisterte

Mit einem Gemeindefest rund um die Kirche wurde am Sonntag weiter gefeiert. Zwischen den Bäumen waren ein Kletterpark und eine Hüpfburg aufgebaut. Vorher gab es noch einen Familiengottesdienst mit dem Gospelchor „Gloryland“, am Nachmittag sang die junge Selina Grinberg aus der letzten Staffel 2016 von „Voice of Germany“. Auch den Kabarettisten und Pfarrer Rainer Schmidt engagierte man, der mit seinem Programm „Däumchen drehen“ begeisterte. „Rainer Schmidt ist ein sagenhaft guter Entertainer, den seine Körperbehinderung nicht daran gehindert hat, Tischtennismeister zu werden und Frohsinn und beste Laune zu verbreiten“, so Stöhr.

Rosettenfenster müssen saniert werden

Freude allerortens also angesichts des gelungenen Festes. Der örtlichen Baukirchmeisterin bereiten allerdings die fünf bunten Rosettenfenster der Kirche große Sorgen. Nach den vielen Jahrzehnten hat die Metallfassung der Verglasung den Sandstein gesprengt. Für die Sanierung müsse man ersten Schätzungen Kosten in Höhe von 100.000 Euro einplanen, so Stöhr: „Das geht an die Substanz unserer Landgemeinde“ So hofft man auf finanzielle Unterstützung in der Bewahrung des Schmuckstücks. Denn das Gebäude ist ein bautechnisch und künstlerisch sehr schönes Gebäude, das vom Reichtum der damaligen Bergbauunternehmen zeugt. Das ist auch in der sehr interessanten Chronik zu lesen, die von der Kirchengemeinde zum Jubiläum veröffentlicht wurde.

(Text und Bilder: Kirsten Röder)